Spiegel Bestseller feelZeit Coco Heinz Ratingen

6 / Kürzen

Zeitmanagement, Textflut & Tschüss-Kürzen

Ein Buch? War gar nicht der Plan.

Ich wollte „nur mal eben“ einen zeitlichen Ablauf für mein Seminar skizzieren. Nur mal eben. Klingt harmlos, oder? Im Kopf war alles glasklar: Was ich lehren möchte. Wie es sich anfühlen soll. Worum’s eigentlich geht.

Nur: Wie viel Zeit braucht was genau?
Der eine Teil könnte doch locker ’ne Stunde… Oder drei… Oder zwei Tage?

„Einfach mal aufschreiben“, dachte ich. Was dann passierte, war kein Schreiben. Es war eine Textgeburt mit Wehensturm und Zwillingsüberraschung.


Die Inhalte hatten Titel – das war der Anfang. Aber die Titel wurden plötzlich lebendig. Sie wollten Sätze. Und die Sätze wollten Stichpunkte. Und die Stichpunkte wollten Unterpunkte. Und die Unterpunkte wollten sich vermehren. Unkontrolliert. In alle Richtungen.

Meine Word-Datei, die einfach „Seminarablauf“ heißen sollte, mutierte zu einem vielarmigen Oktopus. Ein Texttentakel hier, ein Detaildarm da, ein Zusatzanhang mit „Falls noch Zeit ist“ – Spoiler: Ist nie.

Dann habe ich’s ausgedruckt. 46 Seiten. Für einen EINFÜHRUNGSTAG.

Und das Schlimme war:
Ich war stolz.
Nicht auf den Umfang. Sondern darauf, wie „nah am Menschen“ alles war.
Wie viel Fühlen in den Worten lag.
Wie viele Erfahrungsräume sich auftaten.
Wie viele Optionen ich mir offenließ, falls spontan noch ein Nebensatz auf die Bühne wollte.

Irgendwann dachte ich: Puuuh – doch schon eine Menge Wörter – Vielleicht einfach mal kürzen.

Haha. Kürzen ist mein Endgegner.

Schon beim Fernsehen – ich war dort 20 Jahre mit Freude unterwegs – hieß es oft: „Mach das in 12 Sekunden.“ Ich: „Hier sind 12 Minuten mit Gefühl, Tränen , Eskalation und Dokuanteil.“

Cannes

Da fehlt doch sonst was…

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Ich wollte alles zeigen. Weil ich tief in mir glaube: Wenn ich genau das eine Detail nicht sage, fehlt dem Zuschauer vielleicht genau dieser Puzzlestein.
Wie schade wär das denn? Dann saß ich da in Gedanken über mein gefülltes Skript – im Schreibkoma – beim Brainstorming mit meiner Tochter. Sie schaut auf meine endlos langen Texte. Hebt eine Augenbraue. Atmet durch. Und sagt augenverdrehend:

„Mama. Mach’s kürzer.“
(Pause. Blick. Noch eine Pause.)
„Also: Viel kürzer.“

Ich? Kürzer?

Das ist wie zu sagen: „Atme nur halb ein. Oder: „Stell dir vor, du küsst – aber nur den halben Mund.“ Kann ich nicht. Will ich nicht. Wird auch nicht passieren.

Aber ja – vielleicht könnte sie da einen Funken Wahrheit sprechen. Vielleicht hat sie recht. O.K., sie hat recht. (Das darf meine Tochter jetzt. nicht lesen…)

Vielleicht muss es nicht alles auf einmal sein. Vielleicht darf der Rest einfach nachfließen. Oder im Kleingedruckten landen. Oder in Fußnoten. Oder im nächsten Buch. Oder in einem Anhang, den niemand liest, aber alle wissen: Er ist da. So wie ein Spickzettel zu einer Prüfung. Denn ja, vielleicht wird’s dadurch länger. Aber vielleicht wird’s dadurch auch echter. Tiefer. Wahrer. Und vielleicht entsteht genau daraus etwas, das nicht nur durchläuft – sondern nachhallt.

feelFact:
Ich wollte ein Zeitkonzept. Bekommen habe ich ein Textmonster. Ein vielfühlender, grenzenloser, federverliebter Papiergewordener-Workshop-feelFlügler-Buchtext. Und ganz ehrlich?

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Ich lieb´s!!!

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