Wie aus einem Textmonster ein Mitbewohner wurde
Das Textmonster war nun also mein Kuscheltier.Tagsüber, aber auch nachts. Ein bisschen zu anhänglich, ein bisschen zu laut, aber verdammt inspirierend.
Mein Hirn kam nicht mehr zur Ruhe. Ich wachte auf – nicht, weil der Wecker klingelte, sondern weil mein Kopf flüsterte:
„Diesen einen Satz darfst du nicht vergessen.“
Und was macht man (ich) dann?
Ich denke mir: Ich merk ihn mir.
Klar. Bis nach dem Frühstück.
Schnitt: Das Textmonster gähnt, schaut mich an und sagt:
„Nix da. Ich hab Hunger. Schreib JETZT.“
Wie ferngesteuert steh ich also auf. Nur kurz. Nur der eine Satz. Dann kommt der nächste.
Und der nächste. Und plötzlich baut sich ein Kapitel auf – mitten in der Nacht, im Bademantel, mit zerzausten Haaren und leerem Magen.
Okay. Kaffee machen. Weiterfließen.
Schlafen? Ach, geht schon ohne. Ging früher auch – mit 25, beim Fernsehen, 100 Stunden Wochen, Dauerprojekten und Nachtdrehs. Ich zieh das jetzt einfach durch. 1–2 Wochen. Maximal. Dann ist das Skript fürs Seminar fertig. Ein Buch? War nicht auf dem Schirm. Nur ein Ablauf für mein Seminar. Nur ein Plan. Nur…
Tja. Aus „nur“ wurden sieben Monate Dauerbrennen.
Kaum Schlaf. Ungesunde Pausen. Scheuklappen deluxe. Was passiert sonst noch so in der Welt? Keine Ahnung. Freunde treffen? Verschieben. Freunde laufen nicht weg. Oder doch?
Ich war zurück in der Spirale, in die ich nie wieder reinwollte. Aber ich merkte es nicht. Denn ich brannte.
Ich LIEBTE es. Dieses Schreiben. Dieses Sammeln. Dieses Sortieren. Meine Gedanken, mein Wissen, meine Leidenschaft in Worte zu pressen wie heißen Saft aus einer reifen Frucht. Das fühlte sich an wie Leben.
Und gleichzeitig spürte ich: Wie schräg ist diese Welt, in der ich es nicht schaffe, Gesundheit und Freude in einem Satz unterzubringen. Wo Leidenschaft mein Nervensystem feiert, aber mein Körper „Halt“ ruft.
feelFact: Selbstfürsorge klingt schön.
Aber sie hat keine Chance gegen ein Textmonster, das nachts flüstert:
„Nur noch ein Satz.“
